Wer den Artikel „Für Europas Rechte ist EU die ‚Unterdrückung der Völker‘“ (21. Januar 2017) bei der „WELT“ gelesen hat, könnte daraufhin der Meinung sein, dass in Koblenz „Demonstranten, die zu einem Xylophon die ‚Ode an die Freude‘ piepsten“ gewesen wären. Das Musikstück war passend, denn es ist – als Instrumentalfassung des Hauptthemas aus dem letzten Satz der neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven – die Melodie der „Europahymne“.
Ein „Xylophon“?
Aber wo war das „Xylophon“? – In der Nachrichtensendung „heute“ (ZDF, 19:00 Uhr, 21. Januar 2017) sowie den Tagesthemen (ARD, 23:10 Uhr, 21. Januar 2017) wurde ebenfalls jeweils ein Beitrag aus Koblenz gezeigt, in dem singende Demonstranten zu sehen waren.
„Glockenspiel“ bei „heute“ (ZDF, 21. Januar 2017)
Bei den Tagesthemen fiel „das besagte Instrument“ kaum auf, im Beitrag der „heute“-Sendung war allerdings sehr deutlich ein „Glockenspiel“ (eine sogenannte „Lyra“, die bei Marschkapellen anzutreffen ist) im Bild zu sehen und zu hören. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es sich um dieselben Demonstranten handeln, von denen im Artikel bei der WELT die Rede ist und wenn dem so ist, war es kein „Xylophon“ auf dem dort gespielt wurde.
Wen es an diesem Punkt noch immer nicht aus der Koblenzer Kongresshalle getrieben hat, hinaus zu den Demonstranten, die zu einem Xylophon die „Ode an die Freude“ piepsten, …
Zitat aus Artikel: „Für Europas Rechte ist EU die Unterdrückung der Völker“ (WELT, 21. Januar 2017)
Es ist für die Nachricht des Artikels, bei dem es um das Treffen rechter Parteien im Europäischen Parlament in Koblenz ging, selbstverständlich ganz und gar nebensächlich, ob die Demonstranten dabei nun zu einem „Xylophon“ oder zu einem „Glockenspiel“ gesungen haben, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass die Bezeichnung des Instrumentes falsch ist.
Bläser-Ensemble mit „Glockenspiel“ bei „heute“ (ZDF, 21. Januar 2017)
Nicht nur die Bezeichnung der „Lyra“ als „Xylophon“ ist falsch, der Gesang der Demonstranten fand ja hauptsächlich zum Spiel der Musik eines Bläser-Ensembles (plus Glockenspiel) statt, wie in den Berichten von ARD und ZDF zu erkennen war. – Klar, ich war nicht dabei, habe nur diese Ausschnitte gesehen und vielleicht gab es ja tatsächlich irgendwo ein „Xylophon“ – was eher unwahrscheinlich ist. Das Beispiel zeigt, dass es immer gut ist, verschiedene Quellen miteinander zu vergleichen, um ein vollständig(er)es Bild zu bekommen.
Demonstranten, die „piepsten“?
Im „WELT“-Artikel wird das Bläser-Ensemble überhaupt nicht erwähnt, stattdessen ist die Rede von einem „Xylophon“, was eigentlich ein „Glockenspiel“ war und der (sicherlich unprofessionelle) Gesang vieler Demonstranten, die das instrumental gespielte Lied mitgesungen haben, wird subjektiv wahrgenommen als „piepsend“ beschrieben. Sicher, lautstark gegrölt haben die Demonstranten nun nicht gerade, aber „gepiepst“ wohl ebensowenig.
Eine seltsame Darstellung mit einer Begriffswahl, die in einem unwichtigen Nebensatz einen merkwürdigen Akzent setzt. Ich würde in diesem Fall jetzt nicht das maßlos übertriebene und unpassende Wort „Lügenpresse“ skandieren, weil sich immer mal kleine (Beobachtungs)Fehler einschleichen können – ohne jemandem aufzufallen. Die Welt ist ja voll mit endlos vielen Dingen, zahllosen Lebewesen und Ereignissen, die niemand vollständig überblickt.
Manchmal „piepst“ es 😉 wohl bei jedem!
Für eine singende Menschengruppe, die eine ihnen wohlbekannte Melodie mitträllern, um damit etwas zu demonstrieren, ist „piepsen“ eine vielleicht irreführende Beschreibung. Ein „Glockenspiel“ mag aus einiger Entfernung durchaus „piepsig“ klingen. Aber wer es selbst mal gespielt hat, weiß wie durchdringend die hohen Töne sind, weshalb das Instrument als transportable „Lyra“ ja auch bei Marschkapellen zum Einsatz kommt.
Politiker „piepsen“ jedenfalls eher nicht, weil Sprüche klopfen zum Geschäft gehört.
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