Es gibt Situationen beim Musizieren, bei denen es entscheidend ist, auf die „richtige Art“ zu denken und zu empfinden, um einerseits wirklich genau auf den Punkt spielen zu können und auf der anderen Seite das Verhältnis bestimmter rhythmischer Figuren zueinander zu verstehen, damit der „richtige Ausdruck“ überhaupt erreicht wird.
In der Mathematik gibt es den Begriff das „kleinste gemeinsame Vielfache“ (kgV), was in der Musik als „Anzahl der Zählzeiten“ zum Erfassen des Zusammenhangs zwischen bestimmten rhythmischen Figuren Anwendung findet. Denn Rhythmus ist kein Gefühl, sondern die Folge einzelner Ereignisse, die sich mit Hilfe praktischer Zählzeiten lernen läßt.
Wie zählt man „3 zu 2“ bzw. „2 zu 3“
und wie zählt man „4 zu 3“ bzw. „3 zu 4“ ?!
Das Verhältnis von „3 zu 2“ – drei gleich lange Noten (= Triole) zu zwei gleich langen Noten – ist zwar dasselbe wie „2 zu 3“ – zwei gleich lange Noten (= Duole) zu drei gleich langen Noten. Der Unterschied ist aber der, dass die erste Zahl die rhythmische Figur beschreibt, während die zweite Zahl die Basis ist, auf der die Figur gedacht und gefühlt werden muss.
Die Zählzeiten sind gewissermaßen der Klebstoff, der Rhythmen stabil miteinander verbindet und man erhält sie durch das „kleinste gemeinsame Vielfache“ (kgV) der beiden Zahlen, welche sich durch Multiplikation ergibt. Beispiele: 3 x 2 = 6 und 4 x 3 = 12 (siehe PDF 1 und 2).
Beim Verhältnis von zwei Zahlen zueinander kann die eine Zahl als rhythmische Figur auf der Basis der anderen Zahl gedacht und empfunden werden, wodurch sich zwei Möglichkeiten ergeben, was keine „entweder/oder“-Situation ist, sondern eine „sowohl/als auch“-Angelegenheit und das macht die Sache sowohl hochinteressant als auch etwas kompliziert.
In Tommy Igoe’s Groove Essentials 1.0 gibt es das interessante Stück „ENDURE“ (Track 86, S. 120), bei dem der Drummer zwischen einem 6/8 Afro-Cuban (oder 4/4-Takt mit Triolen, siehe PDF 3), einem Half-Time Shuffle und einem Funk im 3/4-Takt wechseln soll, wobei sich mit den Verhältnissen von „4 zu 3 zu 2“ sehr schön spielen läßt. Speziell beim Übergang vom Solo im E-Teil (4/4-Takt mit Triolen) zum F-Teil (3/4-Takt mit Sechzehnteln) steht man vor der besonderen Herausforderung den 12er-Rhythmus vom rhythmischen Empfinden her von einem Groove mit vier 3er-Gruppen zu einem Groove mit drei 4er-Gruppen umzuwandeln.
Man kann einen 12er-Rhythmus natürlich auch ohne Änderung des Empfindens spielen. Solche Transformationen sind allerdings sehr reizvoll und ganz typisch für Afrokubanische Musik. Man muss sich schon eine Weile damit beschäftigen, bevor sich ein „sicheres Gefühl“ einstellt. Aber mit der „richtigen Zählweise“ läßt sich das Verständnis beschleunigen, weshalb praktische Zählzeiten (siehe PDFs) zu einem soliden Rhythmus-Training auf jeden Fall dazu gehören.
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